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tun. Ausharren und fest glauben: Ich bin die Konstante,
diese Affäre ist nur ein kleiner Sidekick! Nichts von Be-
deutung, so wie ein kleiner Regenschauer, für den es sich
nicht mal lohnt, den Schirm aufzuspannen. Kann man
amouröse Verstrickungen des eigenen Mannes einfach
aussitzen? So tun, als gäbe es sie gar nicht?
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Vielleicht könnte ich das, wenn mein Mann sehr, sehr
reich wäre. Unglaublich reich. Das ist etwas, was ich na-
türlich nie öffentlich zugeben würde, weil es peinlich ist.
Aber das wäre die Wahrheit: Während er munter und
wahllos rumvögeln würde, könnte ich munter und wahl-
los sein Geld ausgeben, wissend, dass er eine nach der
anderen beglückt, aber vor allem wissend, dass ich blei-
ben und ihn am Ende beerben würde.
All diese Gedanken haben etwas sehr Unromantisches.
Hart, nüchtern und berechnend. Ich kann mir die entsetz-
ten Blicke schon vorstellen, wenn man so etwas in einem
Gespräch erwähnen würde. Von Frauen wird anderes er-
wartet: Verklärung, Romantik, ewige Liebe und all das.
Nur leider gibt es eben auch einen Alltag fernab von all
der vielbeschworenen Romantik. Alltag bietet viel Raum
für die kleinen und großen Demütigungen und Niederla-
gen. Dass da langfristig eine gewisse Bitterkeit entstehen
kann, finde ich nicht verwunderlich. Aber es war ja eh
nur eine theoretische Überlegung, denn Christoph ist
nicht sehr, sehr reich. Er ist überhaupt nicht reich und
kommt auch nicht aus wohlhabender Familie. Wieso also
etwas ertragen, wenn es einem noch nicht mal materiell
was bringt? Würde ich meine Seele echt verkaufen, wenn
Christoph stinkreich wäre? Würde ich dann über die Si-
tuation anders denken? Eine Trennung vielleicht nicht
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mal in Betracht ziehen? Ich ekle mich einen Moment vor
mir selbst. Bin ich eine, die so käuflich ist? Macht sehr
viel Geld eine Situation wie meine, eine Ehe in der man
sich nicht wohl fühlt, denn wirklich besser? Vielleicht
angenehmer. Aber emotionaler Geiz ist wahrscheinlich
auch bei sonstiger Großzügigkeit schwer auszuhalten.
Ein gewisses Schmerzensgeld verschönt die Lage, eine
Art Blasenpflaster, bei dem die Blase bleibt, man sie aber
weniger sieht und spürt. Wo ist mein Blasenpflaster?
Meine Linderung? Meine Medizin, die mich mit der Lage
versöhnt? Könnte ein Herr Reimer zum Blasenpflaster
werden? Würde mich guter Sex ein bisschen beruhigen?
Muss guter Sex zwangsläufig mit dem eigenen Mann
stattfinden? Vor allem, wenn der nicht will  offensicht-
lich nicht will.
»Wer nicht will, der hat schon!«, hat mein Vater gerne
gesagt. Gilt das nicht auch auf diesem Gebiet? Warum
sich also verzweifelt an solch unwilligen Männern abar-
beiten? »You can t ride a dead horse!«, hat mal eine ame-
rikanische Bekannte von Sabine zu diesem Thema beige-
steuert. Aber genau das versuche ich allabendlich. Ich
will einen toten Gaul reiten. Warum suche ich mir nicht
einen lebendigen?
Mittlerweile schwimme ich wirklich schon über eine gute
Stunde und fühle mich als hätte ich zu lange in der Ba-
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dewanne gelegen. Schwammig und aufgeweicht. Außer-
dem habe ich Mörderhunger. Schwimmen macht irrsin-
nig hungrig, schon deshalb ist diese Sportart für mich
zum Abnehmen absolut ungeeignet. Inzwischen kann ich
wenigstens beruhigt aus dem Wasser kommen. Niemand
aus meiner nervigen Reisegruppe ist in Sicht. Ich bräuch-
te nur noch eine Tarnkappe, um ungestört Urlaub machen
zu können. Ich trockne mich ab und ziehe mein Kleid
über. Meine Arme sind richtig zittrig. Das Schwimmen
hat mich angestrengt. Ich brauche irgendein Häppchen
Nahrung.
Wie gesagt: Das ist das Schöne am Clubleben. Niemand
muss je Hunger leiden. Rund um die Uhr werden die ku-
linarischen Bedürfnisse befriedigt. Heute stehen Mini-
Burger auf dem Programm, und es gibt eine schöne Gaz-
pacho und winzige Crêpes gefüllt nach Wunsch. Ich
nehme alles. Ich kann mich ja nachher beim Abendessen
ein wenig zurückhalten. Außerdem habe ich ja Sport ge-
trieben. Als ich mir den Teller so richtig vollgeladen ha-
be, entdecke ich meine Reisegruppe.
»Unser Biber hat aber ordentlich Kohldampf, der wilde
Nager!«, tönt es von dort.
Ich hätte ihm das gesamte Auto zerkratzen müssen! Ich
muss mich sehr anstrengen, damit man mir meine Ver-
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achtung nicht ansehen kann. Was soll das Tiergetue?
Dieser hämische Unterton? Als ich zum Tisch komme,
mir einen Platz suche, macht er weiter.
»Na, hat der Biber auch für seinen Freund, seinen See-
lenkumpel, den Jaguar, was mitgebracht?«
Alle lachen, obwohl dieser Satz für die anderen völlig
sinnfrei sein muss. Scheint hier aber keine Rolle zu spie-
len. Auch mein Mann lacht aus vollem Hals. Stattdessen
hätte er mir mal den Teller abnehmen und einen Stuhl
besorgen können. Dazu ist er aber eindeutig zu abge- [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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